Von Ewald König
Was die deutsche Politik im Moment bietet, mag viele Botschaften überfordern, ja sogar stressen. Sie müssen an ihre Zentrale berichten, warum die Dreierkoalition geplatzt ist, was Brandmauer bedeutet, welche Auswirkungen das Manöver von CDU-Chef Friedrich Merz aufs Wahlergebnis vom 23. Februar haben kann und warum der Wahlausgang diesmal wirklich spannend und alles offen ist.
Jeder Regierungswechsel ist für die ausländischen Botschafter eine Herausforderung. Wer werden die neuen Ansprechpartner für die Belange ihres Landes sein? Botschafter, die weitblickend Kontakt auch zu den Politikern der Opposition gesucht und gehalten haben, sind hier im Vorteil. Andere müssen von Null neu anfangen, Termine beantragen und lange darauf warten.
Insofern ist die jetzige politische Situation für Botschaften ein Stochern im Nebel, und das schon seit dem Ende der sogenannten Ampelkoalition. In einer Weltlage, in der rundum die Wölfe heulen, leistet sich Europas größte Wirtschaftsnation eine gefährlich lange Auszeit – vom Bruch der Koalition über Wahlkampf und Neuwahl bis hin zur Neuaufstellung und Einarbeitung in neuen Ämtern.
So verwirrend die Situation für Botschafter sein mag, man kann es auch anders sehen: Die Missionschefs können sich jetzt eine Verschnaufpause gönnen. Sie haben derzeit keine Delegationen aus ihrem Entsendeland zu betreuen. Denn es hat keinen Sinn, Delegationen kommen zu lassen, wenn es keine entsprechenden Gesprächspartner auf deutscher Seite gibt.
Ähnlich ist es mit Staatsbesuchen und anderen offiziellen Visiten. Selbstverständlich gehört es zum Höhepunkt eines Botschafterpostens, wenn in dieser Zeit der Regierungschef anreist und der Botschafter zeigen kann, wie gut er hier vernetzt ist. Das fällt momentan weg. Keine Delegationen, keine Staatsbesuche, keine Arbeitsbesuche. Abwarten. Einfach Verschnaufpause. Danach geht’s wieder mit Vollgas weiter.