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Russland ist stärker als je zuvor

Die westlichen Sanktionen gegen Moskau schaden nur der europäischen Wirtschaft. Russische Ökonomen schlagen deshalb eine Änderung der Strategie vor
Autor:
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December 17, 2024
November 13, 2024
Von rechts nach links: Ökonom Dimitrij Nekrassow, Oppositionspolitiker Dimitrij Gudkow und Ökonom Wladislaw Inozemtsew im korrespondenten.cafe, moderiert von Ewald König. Foto: Gülfem Dodur

Von Gülfem Dodur, Berlin

Die Sanktionen, so argumentierten die Ökonomen Wladislaw Inozemtsew, Dmitrij Nekrassow und der Oppositionspolitiker Dmitrij Gudkow beruhten auf falschen Annahmen, und sie drängten Russland in Richtung wirtschaftlicher Selbstständigkeit. In ihrer Studie fordern die Exilrussen eine Neubewertung der Sanktionen und schlägen eine Reihe unkonventioneller alternativer Strategien vor.

Die Wirtschaftsexperten behaupten, dass die westlichen Embargos auf russisches Gas die globalen Energiepreise in die Höhe getrieben haben und dies letztlich Russland zugute kommt, da die Preise für seine Exporte steigen. Würde der Westen das Embargo aufheben und russisches Gas maximal importieren, würde dies die Energiepreise senken und damit die russischen Gewinne schmälern. Sie fügten hinzu, dass Russland Europa bei Ölexporten nicht durch China oder Indien ersetzen könne.

Laut Studie verzeichnet die russische Regierung ein erfolgreiches Wirtschaftswachstum und steigende Haushaltseinnahmen und hat außerdem Möglichkeiten gefunden, Ressourcen zu schonen, ohne die politische oder soziale Stabilität zu gefährden. Russland könnte dieses wirtschaftlichen Modell noch jahrelang betreiben, dabei das derzeitige Niveau der Militärausgaben beibehalten und damit in der Lage sein, den Krieg in der Ukraine zu finanzieren. Trotz eines voraussichtlichen Rückgangs des Wirtschaftswachstums in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 erscheinte das Land in naher Zukunft sicher vor einem Zusammenbruch des bestehenden Wirtschaftsmodells: Der Haushalt bleibte ausgeglichen, und die real verfügbaren Einkommen würden weiter steigen.

Der Binnenmarkt für Dienstleistungen ist sei ebenfalls ein Hauptnutznießer der westlichen Sanktionen, da die Regierung den Ersatz der Importe unterstützt habe. Außerdem seien etwa 100 Milliarden Dollar, die Russen vor den Sanktionen im Ausland ausgegeben hätten, nun in die russische Wirtschaft zurückgekehrt sind.Die Wirtschaftsexperten stellten fest, dass die marktwirtschaftliche Natur der russischen Wirtschaft sie im Gegensatz zur Sowjetzeiten widerstandsfähiger gemacht hat, als es westliche Politiker erwartet hatten. Daher entfalteten die Sanktionen nicht die beabsichtigte Wirkung. Seit Beginn der Sanktionen konnte die russische Marktwirtschaft importierte Güter durch heimische Produkte ersetzen. Der restliche port wurde nun fast vollständig von Europa nach China, Indien und andere Länder des globalen Südens umgeleitet.


Alternative Lösungen: Russisches Kapital und Talent anziehen

Nach Ansicht von Gudkow, einem ehemaligen Abgeordneten der russischen Duma, bestünden die wirkungsvollsten Sanktionsmaßnahmen darin, Russlands Zugang zu westlicher Technologie zu beschränken, die für die Modernisierung des Landes entscheidend sei.

Der Westen solle sich aber vor allem, so die Wirtschaftsexperten, stärker darauf konzentrieren, Russlands qualifizierte Fachkräfte und finanzielle Ressourcen anzuziehen. Viele qualifizierte Russen wollten ihr Land verlassen, aber westliche Länder erschwerten dies durch zusätzliche bürokratische Hürden für russische Staatsbürger. Andererseits zahlte die russische Regierung jungen Männern, die sich für den Wehrdienst entscheiden, zusätzliche Prämien und höhere Gehälter. Durch Erleichterung der Visa-Bestimmungen und die Möglichkeit für Kapitaltransfers über regulierte Kanäle könnte der Westen oppositionellen Russen die Türen öffnen, wodurch die Zahl der hochqualifizierten Arbeitskräfte und die Kapitalressourcen im Inland verringert und die wirtschaftliche Stabilität Russlands geschwächt werden könnten.

Um dies effektiv zu gestalten, plädierten die Regimekritiker für legale Kanäle zum Transfer russischen Kapitals in westliche Länder, um die Abhängigkeit von Kryptowährungen zu verringern, die derzeit als primäre Methode zur Umgehung der Sanktionen genutzt werden.

Die Gruppe legte die Studie wurde dem Außenministerium vor, um, wie sie erklärte, deutsche Entscheidungsträger dazu zu bewegen, einen differenzierteren Ansatz in Erwägung zu ziehen, der die wirtschaftlichen Grundlagen von Putins Regierung gezielter untergraben könnte. Weitere Details finden Sie im vollständigen Bericht des CASE-Zentrums: https://case-center.org/wp-content/uploads/2024/11/Dictators-Reliable-Rear-241104-en-1215.pdf.