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Rückkehr von EU-Botschaftern nach Afghanistan?

Seit drei Jahren gibt es nur die Vertretung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) in Afghanistan, jedoch keine Botschaften von EU-Mitgliedsstaaten. Das könnte sich bald ändern.
Autor:
Ewald König
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December 4, 2024
July 16, 2024
Kein EU-Land hat derzeit eine Botschaft in Afghanistan, auch Deutschland nicht. Umgekehrt ist Afghanistan mit Botschafter Yama Yari in Deutschland vertreten (hier mit einer Übersetzerin im "korrespondenten.cafe") Foto: diplo.news/Esbardo

Die ersten EU-Mitgliedsländer prüfen, die diplomatischen Beziehungen mit Afghanistan wieder aufzunehmen. Das geht aus einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg hervor. Dazu gehören Italien und Spanien. Sie wollen jedoch ein Mindestmaß an Sicherheit abwarten. Deutschland und Frankreich sind noch nicht soweit.

Seit 2021 ist Europa nur durch die gemeinsame EU-Vertretung in Kabul vertreten. Die Präsenz der Mission des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) bedeutet jedoch keine Anerkennung der Taliban als Regierung, heißt es in der EU.

Einige Botschafter aus EU-Ländern, die für Afghanistan zuständig sind, wurden aus Sicherheitsgründen nach Doha, der Hauptstadt von Katar, verlegt. Katar hält konstant den Kontakt zu den Taliban und ist als Vermittler tätig. Nun erwägen einzelne EU-Mitglieder, ihre diplomatische Vertretung in Kabul wieder zu öffnen.

Dabei geht es ihnen nicht um eine Legitimierung der Taliban-Herrschaft, sondern um pragmatische Gründe. Dazu gehören unter anderem:

• humanitäre Hilfsmaßnahmen für die afghanische Bevölkerung

• die Durchführung von Entwicklungshilfeprojekten

• Maßnahmen gegen Terrorismusexport aus Afghanistan in andere Länder

• und Betreuung von ausreisewilligen Ausländern und Afghanen.

Auch Deutschland unterhält seit August 2021 keine Botschaft in Afghanistan und hat daher Probleme bei dem aktuellen Vorhaben, straffällig gewordene Asylwerber aus Afghanistan in ihr Herkunftsland abzuschieben.

In Berlin teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in der Regierungspressekonferenz mit, dass Deutschland „punktuelle Kontakte“ zur De-facto-Regierung der Taliban habe, etwa am Rande von Konferenzen in Doha. Zur Frage, ob Deutschland bereit sei, eine Botschaftin Kabul wieder zu eröffnen, sagte der AA-Sprecher: „Die Voraussetzungen dafür sind im Moment nicht gegeben. Wir schauen uns das natürlich immer wieder genau an und prüfen das. Aber für einen solchen Normalisierungsschritt müssten eben klare Voraussetzungen mit Blick auf die Lage in Afghanistan erfüllt sein.“

Umgekehrt ist Afghanistan weiterhin mit einer Botschaft in Berlin vertreten. Botschafter ist Yama Yari. Nach dem überstürzten Abzug der westlichen Länder und der Machtübernahme der Taliban wusste er lange Zeit selbst nicht, ob er auch unter den Taliban Botschafter bleibe. Im Medienforum „korrespondenten.cafe“ in Berlin meinte er gegenüber dem Gastgeber Ewald König im November 2021, erhabe keinen Kontakt mit Kabul und bekomme für seine Botschaft kein Geld mehr überwiesen. Aber er halte die Stellung. Er vertritt Afghanistan in Deutschland nach wie vor.

ekö