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Kulturdiplomatie mit Steinkoloss

Chilenische Botschafterin enthüllt Moai Skulptur der Osterinsel in Berlins „Gärten der Welt“
Autor:
Ewald König
/
November 22, 2024
July 15, 2024
Replik der Moai Skulptur mit Hut, seit Juli in den "Gärten der Welt" zu bewundern (Foto: Chilenische Botschaft)

Seinen strengen Augen entgeht nichts. Sie bestehen aus Carraramarmor, die Pupillen aus dunklem Basalttuff. Damit überblickt der steinerne Moai-Koloss von der Osterinsel ab sofort den Chilenischen Garten in Berlin-Marzahn. Vor viel Prominenz aus Diplomatie und Politik enthüllte die chilenische Botschafterin, María Magdalena Atria Barros, am 13. Juli 2024 die fast vier Meter hohe und 12 Tonnen schwere Skulptur in den „Gärten der Welt“.

Wissenschaftler rätseln noch immer, welche Funktion die berühmten Figuren auf der Osterinsel gehabt haben könnten. Wenigstens die Funktion dieser einen Figur in den Gärten der Welt ist klar: Sie soll mit großer Autorität auf den Chilenischen Garten aufpassen, seine Besucher beschützen und beliebtes Fotomotiv werden. Und beweisen, dass die Moai leben und spirituelle Kraft (Mana) haben.

In einer feierlichen Zeremonie wurde der Koloss enthüllt. Seine 14.446 Kilometer lange Reise von der Osterinsel bis Berlin-Marzahn ist abenteuerlich. Vor einem Vierteljahrhundert wurden zwei große, unbearbeitete Vulkansteinbrocken bzw. tonnenschwere Tuffsteine von der Osterinsel nach Hamburg verschifft. Den Transport organisierte damals das chilenische Konsulat in Hamburg und das dortige Handelsbüro ProChile. Drei Bildhauer, von der Osterinsel eingeflogen, schnitzten mit jungsteinzeitlichem Werkzeug getreue Nachbildungen von den Originalen. Eines der beiden Objekte wurde auf dem Gelände der Universität zwischengelagert.

Der Kulturbeauftragte der chilenischen Botschaft, Carlos Medina Palacios, stieß 2006 auf die Teile der Figur, fotografierte sie und hatte mit seiner Botschaft die Idee, sie nach Berlin zu holen. Mit Christoph Schmidt, Geschäftsführer der Grün Berlin GmbH, schloss das Hamburger Museum Am Rothenbaum einen Leihvertrag auf vorerst zehn Jahre ab. Beate Reuber, die Parkbotschafterin von Grün Berlin, lud zahlreiche Botschafter ein, der feierlichen Enthüllung beizuwohnen. Auch aus der Politik kamen Gäste. Das strenge Auge des Kolosses fiel wohlwollend auf Petra Pau, die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, auf Florian Hauer, Berlins Staatssekretär für Internationales, und andere Repräsentanten. Und deren Augen waren auf die – spärlich bekleideten – polynesischen Tänzer und Tänzerinnen gerichtet.

Die knapp 900 Steinkolosse der Osterinsel, jahrhundertealt, bis zu 21 Metern hoch, in Küstennähe und auf Hügeln aufgestellt, stehen seit dreißig Jahren unter dem Schutz der UNESCO als Weltkulturerbe. Sie sind weltberühmt, doch bleiben sie einer der dunkelsten Mythen der Menschheit. Bis heute ist es ein Rätsel, wozu sie dienten und wie sie – manche wiegen 80 Tonnen – damals ohne Zugtiere, ohne Räder vom Steinbruch an die Küste transportiert wurden.

Die Osterinsel ist von einigen Tausend Polynesiern bewohnt, gehört aber politisch zu Chile, obwohl sie 3.800 Kilometer auseinander liegen.

Ebenfalls 14.446 Kilometer weit war die Anreise von Mahani Teave, die einzige Konzertpianistin der Osterinsel und Kulturbotschafterin ihrer Heimat. Die Künstlerin war eigens zur Einweihung nach Berlin gekommen, um auf der Freilichtbühne in den Gärten der Welt nicht nur Liszt, Brahms, Chopin und Mozart, sondern auch heimische Melodien zu spielen und den Koloss bei Laune zu halten.

Ewald König

 

So fand Carlos Medina Palacios, Kulturbeauftragter der chilenischen Botschaft, 2006 die Teile der Moai-Skulptur auf dem Sportgelände der Hamburger Universität und brachte die Aktion ins Rollen. Nach Verhandlungen mit dem Museum Am Rothenbaum kam der Leihvertrag zustande (Foto: Carlos Medina Palacios)
Vor der Verhüllung musste ein Kran die Skulptur vor dem Chilenischen Garten in Berlin-Marzahn aufstellen (Foto: diplo.news/König)
Nach der Enthüllung betrachtet der Koloss die polynesischen Tänzerinnen (Foto: diplo.news/König)
Beste Stimmung beim diplomatischen "Culture Meets Garden": Chiles Botschafterin María Magdalena Atria Barros (m), Christoph Schmidt, Chef von Grün Berlin (r), und Beate Reuber, Parkbotschafterin von Grün Berlin (Foto: Chilenische Botschaft)
Die Konzertpianistin Mahani Teave legte 14.446 Kilometer von der Osterinsel nach Berlin zurück (Foto: Chilenische Botschaft)