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Iran und Deutschland: Diplomatische Eiszeit

Sprachinstitut geschlossen, Botschafter einbestellt
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November 22, 2024
August 20, 2024
Einbestellt: Irans Botschafter Mahmoud Farazandeh (Foto: König)
Einbestellt: Deutscher Botschafter Hans-Udo Muzel (Foto: Deutsche Botschaft in Teheran)

Der Zusammenhang ist evident: Wenige Wochen nach Schließung des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) durch die deutsche Polizei kam nun die Retourkutsche in Teheran. Das Deutsche Sprachinstitut Teheran (DSIT) wurde am Dienstag durch die iranische Polizei geschlossen.

Hatte Teheran aus Protest gegen die Schließung in Hamburg den deutschen Botschafter in Teheran, Hans-Udo Muzel, einbestellt, so bestellte umgekehrt jetzt auch Deutschland den iranischen Botschafter in Berlin, Mahmoud Farazandeh, ins Auswärtige Amt ein.

Offiziell kein Goethe-Institut

Das frühere Goethe-Institut in Teheran wurde – zusammen mit etlichen anderen internationalen Kulturinstitutionen – bereits 1987 geschlossen. Seither existiert offiziell kein Goethe-Institut in Iran. Inoffiziell ging der Betrieb dennoch weiter. Dass als Nachfolge der Goethe-Instituts eine deutsche Sprachschule weitergeführt wurde, war vom Regime in Teheran bis jetzt geduldet worden. Als Deutsches Sprachinstitut Teheran wurde die Einrichtung formal 1995 von der deutschen Botschaft in Iran gegründet. Offiziell gehört sie demnach nicht zum Goethe-Institut.

Größte deutsche Sprachschule weltweit

Das Sprachinstitut in Teheran war bis jetzt die weltweit größte deutsche Kultureinrichtung, gemessen an der Zahl der vielen Tausend Sprachschüler, die von zuletzt 85 Lehrern unterrichtet wurden. Das Interesse an der deutschen Sprache ist so groß, weil offenbar viele junge Iraner das Land verlassen und nach Deutschland auswandern wollen.

 Ansturm auch im österreichischen Kulturforum

Auch das Österreichische Kulturforum in Teheran ist von iranischen Sprachschülern regelmäßig überlaufen. Seit 1979 bietet es 200 Kurse pro Jahr. 16 Lehrkräfte, darunter die besten Übersetzer deutschsprachiger Literatur in Iran, unterrichten. Nach Schließung des Deutschen Sprachinstituts dürfte auf das Österreichische Kulturforum ein neuer Ansturm zukommen.

Zwischen Teheran und Berlin kommt es immer wieder zu diplomatischen Spannungen, unter anderem auch wegen Inhaftierung von deutsch-iranischen Doppelstaatsbürgern in iranischen Gefängnissen. Den Festgenommenen wird in der Regel Spionage vorgeworfen.

AA fordert Aufnahme des Lehrbetriebs

Die Botschaft in Teheran fordert deutsche Staatsangehörige auf, Iran zu verlassen. Für deutsche Staatsangehörige bestehe die konkrete Gefahr, willkürlich festgenommen, verhört und zu langen Haftstrafen verurteilt zu werden. Vor allem Doppelstaatler, die neben der deutschen auch noch die iranische Staatsangehörigkeit besitzen, seien gefährdet. In jüngster Vergangenheit sei es zu einer Vielzahl willkürlicher Verhaftungen ausländischer Staatsangehöriger gekommen.

Das Auswärtige Amt verurteilt das Vorgehen der iranischen Sicherheitsbehörden und fordert die neue iranische Regierung auf, die Aufnahme des Lehrbetriebs sofort wieder zuzulassen.

red.