Von Michael Backfisch
Kein US-Präsident ist mit einer derartigen Schnelligkeit und Wucht gestartet wie Donald Trump in seine zweite Amtszeit. Die Anzahl seiner Dekrete und Ankündigungen in den ersten vier Wochen ist schwindelerregend. Man ertappt sich immer wieder bei der Frage: „Hat er das wirklich gesagt?“ Und schon zieht der nächste Trump-Hurrikan auf.
So auch jetzt wieder. 25 Prozent Zölle auf alle Stahl- und Aluminiumimporte will Trump erheben. Hinzu kommen „reziproke Zölle" auf weitere Produkte für jene Länder, die amerikanische Waren besteuern. Der Präsident schwingt die Abgabenkeule, als ob es kein Morgen gäbe. Amerikanische Unternehmen sollen dadurch gezwungen werden, die Zelte im kostengünstigeren Ausland abzubrechen und zu Hause zu fertigen.
Die Rechnung wird nicht aufgehen. Ob Importzölle oder Herstellung im eigenen Land: Die Produktion für die Firmen wird teurer, die Preise für die Verbraucher steigen. Trumps Verheißung, für die Vereinigten Staaten beginne ein „goldenes Zeitalter“, ist eine Fata Morgana. Die Realität heißt: Die Inflation wird angeheizt.
Trump ist ein wirtschaftspolitischer Zerstörer – nach innen und außen. Die Abschottung der amerikanischen Wirtschaft ist eine Aufkündigung des viele Jahre bestehenden Konsenses über die Globalisierung. Demnach waren die Lieferketten von Unternehmen über den gesamten Globus gelegt. Die Weltwirtschaft funktionierte durch Arbeitsteilung. Trumps „America-First“-Nationalismus ist das Gegenteil davon.
Das Klumpenrisiko reduzieren
Aber Lamentieren hilft nicht. Deutschland und die EU müssen sich auf Trump einstellen. Für die deutsche Wirtschaft gilt: Sie muss sich noch mehr diversifizieren, noch stärker Ausschau halten nach neuen Märkten in Europa, Ost- und Südostasien, Lateinamerika und Afrika. So wie deutsche Betriebe vor Beginn des Ukraine-Krieges zu sehr von russischen Gasimporten abhängig waren, so sind deutsche Firmen heute zu stark mit dem amerikanischen Exportmarkt verbandelt. Im Finanz-und Bankenwesen spricht man von Klumpenrisiko („bulk risk“), wenn sich die Ausfallrisiken durch die zu hohe Gewichtung auf eine bestimmte Branche, Währung oder Anlageklasse häufen.
Selbstverständlich geschieht Diversifizierung nicht auf Knopfdruck. Der Aufbau neuer Geschäftsfelder braucht Zeit. Aber wir leben in einer „postwestlichen Welt“, wie es der britische Historiker Timothy Garton Ash formuliert. Amerika nimmt seine gewohnte Rolle als demokratische Führungsmacht nicht mehr ein. Neue Akteure wie China, Indien, Russland, Brasilien, Südafrika oder die Türkei bekommen mehr wirtschaftliches, politisches und militärisches Gewicht. Auf diese Epochenwende müssen sich Wirtschaft und Politik ausrichten.
Auch die EU darf gegenüber Trump keine Schwäche zeigen. Europa muss auf US-Zölle mit Gegenzöllen reagieren. Verhandlungsangebote im Voraus – etwa der Kauf von teurem amerikanischem Flüssiggas oder Militärgerät im großen Stil – würde einem Kotau gleichkommen. Europäische Nachgiebigkeit würde künftig von Trump eingepreist. Das nächste Mal wäre der Druck noch höher.
Das heißt nicht, dass ein Kompromiss im Zuge von Verhandlungen unmöglich wäre –aber nicht als Vorab-Leistung geschenkt. Die EU muss geschmeidig im Ton, flexibel im Umgang, aber äußerst hart in der Sache auftreten. Nennen wir es die Bambus-Strategie. Die Pflanzenart ist biegsam, lässt sich aber nicht brechen.