Suchen

diplo.news

news & views

diplo.news

Beziehungen zwischen China und Nordkorea verschlechtern sich drastisch

Ernste Krise im 75. Jahr der diplomatischen Beziehungen
Autor:
/
November 14, 2024
July 11, 2024
Die Fähnchen vermitteln friedliche Eintracht. Doch es kracht zwischen China und Nordkorea (Foto: VCG)

Der russische Krieg gegen die Ukraine hat indirekt Folgen in Fernost: Die Beziehungen zwischen China und Nordkorea verschlechtern sich deutlich. Mit Ultimaten und harten Maßnahmen geht China rigoros gegenüber Nordkorea vor. Hintergrund dürften die eng gewordenen Beziehungen Nordkoreas zu Russland sein. Nordkorea liefert an Russland Waffen, die wegen des Ukraine-Kriegs gebraucht werden. Für Nordkorea, das wirtschaftlich nahezu komplett von China abhängig ist, brechen nun schwere Zeiten an. 

Mehrere Maßnahmen zeugen vom Unmut der chinesischen Regierung. Sie lassen vermuten, dass Peking Nordkorea zähmen will. Politische Beobachter, die in südkoreanischen Medien zitiert werden, halten viele Ereignisse der jüngsten Zeit für ungewöhnlich. Das chinesische Außenministerium wies derartige Berichte und Vermutungen indes mit Nachdruck zurück. 

  • China schickt ohne Vorwarnung alle nordkoreanischen Gastarbeiter nach Hause. Es handelt sich um viele Zehntausend Nordkoreaner. Deren Einkommen, das zum größten Teil (zu neunzig Prozent) abgeführt werden muss, ist die wichtigste Einnahmequelle des Regimes von Pjöngjang.
  • China verlängert keine der befristeten Aufenthaltsgenehmigungen für die Gastarbeiter.
  • China wird in der zweiten Jahreshälfte verschärfte Kontrollen von Gastarbeitern durchführen, deren Visum abgelaufen ist und die somit illegal im Land sind.
  • China verschärft auch die Zollkontrollen. Auf China entfallen 90 Prozent des nordkoreanischen Handels, so dass diese Maßnahmen Nordkorea hart treffen dürften.
  • China verschärft ferner im Handel mit Nordkorea die Kontrollen, um den Schmuggel einzugrenzen. 
  • Besonders betroffen davon ist der florierende nordkoreanische Schwarzhandel von Kohle und Öl über die Grenze nach China, den China bisher großzügig toleriert hat.
  • Im März dieses Jahres entfernte China die "Fußabdruck-Bronzetafel" in Dalian in der Provinz Liaoning. Der bronzene Fußabdruck war ein Symbol für das Gipfeltreffen zwischen dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping und dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un von 2018. 
  • Ungewöhnlich ist, dass Nordkorea die Wahl des taiwanesischen Premierministers Lai Ching-te im Januar 2024 nicht wie üblich kritisch kommentiert, sondern verschwiegen hat. 
  • Ebenfalls ungewöhnlich ist, wie Nordkorea auf das verheerende Erdbeben und den Erdrutsch in China vom Januar 2024 reagiert hat. Entgegen den sonstigen Gepflogenheiten gab es kein offizielles Schreiben mit Mitleids- und Solidaritätsbekundungen und Hilfsangeboten.
  • Im Mai dieses Jahres reagierte Nordkorea höchst unwirsch auf eine gemeinsame Gipfelerklärung von China, Japan und Südkorea. Diesem Dreiergipfel zufolge sollte die koreanische Halbinsel atomwaffenfreie Zone sein. Nordkorea gab dazu eine kritische Erklärung ab und schoss unmittelbar nach dem Gipfeltreffen Raketen mit militärischen Beobachtungssatelliten ab.

Noch zu Beginn dieses Jahres waren ganz andere Töne zwischen Nordkorea und China zu hören gewesen. In ihren Neujahrsgrußbotschaften würdigten beide Seiten den 75. Jahrestag der bilateralen politischen Beziehungen. Xi hatte betont, China sei bereit, mit Nordkorea weiter eng zusammenzuarbeiten. Den 75. Jahrestag wolle es zum Anlass nehmen, die seit langem bestehende Freundschaft fortzusetzen, das strategische gegenseitige Vertrauen zu vertiefen und den Austausch zu verstärken. Beide Völker sollten kontinuierlich neue Beiträge zur Sicherung des Friedens und der Stabilität in der Region leisten, so Xi.

Ähnlich Kim in seiner Botschaft: 2024 sei ein bedeutendes Jahr für den 75. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Der sozialistische Aufbau in beiden Ländern trete derzeit in eine neue Phase des Fortschritts ein, während die internationale Lage komplexe Veränderungen erfahre.

Seither hat sich vieles geändert. Besonders der Staatsbesuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Pjöngjang im vergangenen Juni verunsicherte China. Peking befürchtet, die Kontrolle über Nordkorea zu verlieren. Zwischen Nordkorea und Russland läuft nicht nur der Waffenhandel zwecks Nachschub für den Ukraine-Krieg. China hält es für auch für möglich, dass sich Nordkorea mehr Russland zuwendet und dort einen neuen Unterstützer sucht. Außerdem könnte Nordkorea mit einem Nukleartest provozieren, was China nicht dulden würde. 

Die Beschäftigung nordkoreanischer Gastarbeiter widerspricht den Sanktionen der UNO gegen Nordkorea. Daher reisen viele Nordkoreaner mit einem Studenten- oder Touristenvisum ein, obwohl sie Arbeiter sind. Zur Zeit sind mehr als 100.000 nordkoreanische Gastarbeiter in insgesamt vierzig Ländern tätig, der überwiegende Teil jedoch in China. 

Die staatlichen Einnahmen durch die Entsendung von Gastarbeitern sind für Nordkorea eine wichtige Einkommensquelle. Fallen diese Einnahmen weg, bedeutet dies für das Regime in Pjöngjang eine herben Rückschlag. Somit könnte China mit dem Zurückschicken der Gastarbeiter dazu beitragen, das Regime in Nordkorea zu destabilisieren. 

Nordkorea dürfte seine diplomatischen Vertretungen in China mittlerweile angewiesen haben, dem chinesischen Ultimatum zu folgen und den Rückruf der Gastarbeiter ohne Widerstände durchzusetzen. 

ekö

Author:
/
Jul 11, 2024 15:57