Search

diplo.news

news & views

diplo.news

Weltweite Empörung nach İmamoğlus Verhaftung, auch Deutschland verurteilt Erdogan

Massenproteste in der Türkei und in Deutschland aus Sorge um die Demokratie / Imamoglu soll morgen vor Gericht erscheinen
March 26, 2025
March 21, 2025
Hunderttausende protestieren gegen die Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters (Screenshot)

Von Gülfem Dodur 

Die Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu löste nicht nur in der Türkei, sondern auch und in deutschen Großstädten breite Proteste aus. Für diesen Sonntag sind in ganz Deutschland Massendemonstrationen geplant. Deutsche Spitzenpolitiker kritisierten die Verhaftung scharf, die Sorge über den Rückschritt der Demokratie in der Türkei wächst.

İmamoğlu, 54, wurde inhaftiert, nachdem sein Universitätsdiplom für ungültig erklärt worden war, angeblich aufgrund einer irregulären Versetzungsentscheidung der Universität Istanbul. Die Entscheidung wirft ernste rechtliche und politische Fragen auf, da das Diplom fast drei Jahrzehnte lang anerkannt war und es ihm ermöglicht hatte, öffentliche Ämter zu bekleiden, darunter zwei Amtszeiten als Bürgermeister von Istanbul.

Nach der türkischen Verfassung ist für eine Präsidentschaftskandidatur ein Universitätsabschluss erforderlich. İmamoğlu hatte zunächst an der Amerikanischen Universität Girne in Zypern Betriebswirtschaft studiert, bevor er in den 1990er Jahren an die Universität Istanbul wechselte. Seine plötzliche Verhaftung hat auch deshalb für Aufsehen gesorgt, weil sich Präsident Recep Tayyip Erdoğan selbst seit langem Fragen über seine eigenen akademischen Qualifikationen stellen muss.

Opposition ruft zur Massenmobilisierung auf 

Der Oppositionsführer Özgür Özel von der Republikanischen Volkspartei (CHP) verzichtete in seiner jüngsten Rede auf seinen üblichen versöhnlichen Ton und rief die Bürger zum Protest auf die Straße. Auch die Gewerkschaften haben ihre Unterstützung für die geplanten Demonstrationen angekündigt.

Die Gouverneure in Istanbul haben jedoch strenge Sicherheitsmaßnahmen verhängt, um die Demonstrationen einzuschränken. Straßen, die nach Saraçhane führen, wo sich die Anhänger von İmamoğlu versammeln wollten, wurden gesperrt. Der öffentliche Nahverkehr in wichtigen Gebieten wurde eingestellt, und an wichtigen Kreuzungen wurde Bereitschaftspolizei eingesetzt.

Außerdem kündigte CHP-Chef Özel einen außerordentlichen Kongressbeschluss für den 6. April an, um die Ernennung eines Treuhänders zu verhindern, da man angeblich Insiderinformationen über das Risiko erhalten habe.

Scharfe Kritik aus Deutschland und der EU

Die internationale Verurteilung der Verhaftung erfolgte rasch. Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete die Verhaftung als ein „sehr, sehr schlechtes Zeichen“ für die türkische Demokratie.

Sebastian Fischer, Sprecher des Auswärtigen Amtes, erklärte in Berlin: „Die jüngsten Verhaftungen werfen ein zutiefst besorgniserregendes Licht auf die Einhaltung der Grundprinzipien von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei.“ Auch europäische Bürgermeister – unter ihnen auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner – bringen ihre Solidarität mit İmamoğlu zum Ausdruck und teilen in den sozialen Medien Unterstützungsbotschaften. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, bezeichnete die Situation als „äußerst besorgniserregend“.

Vor Massenprotesten in ganz Deutschland 

Die CHP wollte ihren Präsidentschaftskandidaten am Sonntag bekannt geben, bei der nur ihre Mitglieder gewählt werden sollten. Doch als Reaktion auf die Entwicklungen mobilisieren CHP-Organisationen und pro-demokratische Gruppen zu groß angelegten Protesten in deutschen Großstädten wie Berlin, Hamburg, Köln, München und Frankfurt.

Die Organisatoren rechnen mit Tausenden von Teilnehmern, wobei symbolische Wahlveranstaltungen für jedermann zugänglich sein werden, um die Bedeutung demokratischer Rechte und fairer Wahlen zu unterstreichen.