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Guide für diplomatische Empfänge in Berlin: das Timing

Was bei der Planung eines Nationalfeiertagsempfangs beachtet werden sollte
Die Faustregel „20-20-80“ wird oft missachtet. Perfekt sind Empfänge, die aus 20 Prozent Reden, aus 20 Prozent Kulturdarbietung und aus 80 Prozent Gesprächen besteh. Karikatur: diplo.news / Slava Nikolaev

• Vorplanung

Manche Botschaften nehmen die Planung von Nationalfeiertagsempfängen all zu leicht. Zu spät planen sie die Buchung von Sälen und den Ablauf des großen Abends. Oft liegt das daran, dass das Budget erst kurz vor dem Empfang freigegeben wird. Wer sich zu knapp vor dem nationalen Feiertag anmeldet, kann böse Überraschungen erleben.

 

• Buchung

Was ist die beste Zeit zum Buchen? Es muss nicht ein Jahr im Voraus sein. Vier Monate vor dem Event anzufragen ist optimal. Alles, was später ist, ist riskant.

 

• Konkurrenz mit Kongressen

Berlin ist wie Singapur oder Wien extrem beliebt als Veranstaltungsort für Kongresse und Messen. Nicht umsonst ist es weltweit unter den Top Five der Kongressstädte. Deshalb sind die für große Empfänge geeigneten Säle oft ausgebucht. Mehrtägige Veranstaltungen für Hotels generell ein lukrativeres Geschäft als ein zweistündiger Botschaftsempfang.

 

• Buchungsfrist

Also empfiehlt es sich, rechtzeitig eine geeignete Location zu suchen und den Wunschtermin anzumelden. Was aber heißt rechtzeitig? Ein Jahr vor dem Event wäre zu früh, zwei Monate Vorlaufzeit vor dem Termin sind wiederum zu kurz. Optimal wäre eine Anfrage samt Buchung vier Monate vor dem Empfang.

 

• Wochentag

Viele Botschaften sind der Meinung, ein Empfang sollte nur an einem Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag stattfinden.„DiMiDo“ ja, die Randtage Montag oder Freitag nein. Diese Regel ist nicht umzubringen, sie hat aber keine Gültigkeit. Da auch viele andere Veranstalter und Gastgeber an DiMiDo glauben, sind genau diese drei Tage brechend voll mit Events. Viele Gäste haben daher Terminkollisionen und können nicht überall zusagen. Ein Tipp: Auch Montag und Freitag sind durchaus akzeptable Veranstaltungstermine!

 

Wann und wie sollen die Einladungen verschickt werden? Mit Schildkröten, Flaschenpost oder der Deutschen Post? Karikatur: diplo.news / Slava Nikolaev

• Sommerpause?

Sommermonate prinzipiell auszuschließen, ist nicht nötig! In Berlin kann auch im Sommer zum Empfang eingeladen werden. Der Betrieb in Berlin ist nicht tot. Der Sommer bietet sogar einen Vorteil: Es gibt kaum Konkurrenzveranstaltungen zur selben Zeit.

 

• Messetage

Zeiten großer Messen in Berlin (wie ITB) sollte man meiden. Große Messen blockieren alles. Man wird keine Räumlichkeiten für Empfänge finde. In den Hotels fehlt Personal für Großveranstaltungen, weil alle Mitarbeiter für die übernachtenden oder tagenden Messegäste gebraucht werden.

 

• Dauer des Empfangs

Der Zeitfaktor ist nicht nur bei der Anmeldung wichtig, sondern auch bei der Veranstaltung selbst. Wie viele Fehler werden da leidenschaftlich gemacht! Egal, wie es die Botschafter aus ihrem eigenen Entsendeland kennen oder wie sie es von ihrem vorigen Posten gewohnt sind: InBerlin dauert ein Empfang zwei Stunden, höchstens zweieinhalb Stunden – aber nicht länger! Ausnahmen gibt es, etwa wenn in Botschafter in seine Residenz mit großem Grundstück einlädt und den Nationalfeiertag als sommerliche Gartenpartyausrichtet. Dann darf es natürlich auch länger dauern.

 

• Die 20:80-Regel

Eine wichtige Empfehlung von erfahrenen Veranstaltern für den zwei- bis maximal zweieinhalbstündigen Botschaftsempfang ist die 20:80-Regel: Nur zwanzig Prozent der Zeit sollen der Rede des Botschafters, den Hymnen und eventuellen Kultur- oder Folkloredarbietungengewidmet sein. Künstlerische Showeinlagen dürfen nicht eine halbe Stundedauern. Achtzig Prozent der Zeit sollen dem Essen, dem Trinken und den Gesprächen der Gäste zur Verfügung stehen! Kurzformel: 20 Prozent Bühne, 80Prozent Kommunikation.

 

• Stehempfang

Apropos stehen: Der typische Empfang in Berlinist ein Stehempfang. Das Stehen fällt den Gästen nicht auf, wenn sie dabei essen und trinken können. Dagegen fällt das Stehen besonders schwer, wenn die Begrüßungsworte des Gastgebers zu lang und zu trocken ausfallen • und von den Gerüchen des Buffets umwölkt werden, auf dem die Speisen abzukühlen drohen.

 

• Rededauer

Manche Botschafter pressen in ihre Redeeinfach zu viele Informationen und finden kein Ende. Optimal wäre eine Rede,die nicht länger als zehn Minuten dauert! Sollte ein Dolmetscher dieAusführungen noch übersetzen müssen, sollte die Rede umso kürzer angelegt sein.

 

• Kultureinlagen

Auch landestypische Vorführungen von Sängern, Musikern, Tänzern sollten nicht zu lang sein. Zwar engagieren manche Botschaften für ihren Empfang Künstler von höchster Qualität, dennoch sollten deren Darbietungen nicht im Mittelpunkt stehen, sondern als attraktive Nebensache zu einer authentischen Atmosphäre beitragen.

 

• Essenszeit

Denn im Mittelpunkt stehen – im wortwörtlichen Sinne – die Gäste, die erwarten, dass sie hier bestimmte Leute treffen und sich mit ihnen unterhalten können. Und sie erwarten, dass sie ein Abendbuffetvorfinden und nicht anschließend essen gehen müssen. Wenn ein Nationalfeiertagsempfang typischerweise von 18 bis 20 Uhr dauert, haben viele deutsche Gäste noch etwas Berufliches vor. Deshalb sollte man dieZwei-Stunden-Dauer und die 20:80-Regel nicht überdehnen.

 

• Servierzeit

Es gibt noch einen weiteren Grund, nicht mehr als zwanzig Prozent der Zeit mit Ansprachen und Kulturaufführungen zu verwenden: Je kürzer die Zeit für Buffet und Getränke ausfällt, desto weniger können die Gäste mit knurrendem Magen konsumieren. Das mag gut für das Hotelsein, mit dem eine Pro-Kopf-Pauschale vereinbart wurde, weil es dann wenigerGetränke servieren muss. Aber es ist nicht gut für die Gastgeber, die die Pauschale zu zahlen haben, und schon gar nicht für deren Gäste.

 

• Zeit für Kommunikation

Erfahrene Veranstalter und Gäste wissen, was das Wichtigste am Empfang ist, zumindest in Berlin: Nicht die Rede des Botschafters, nicht die Kulturdarbietungen, sondern die Kommunikation der Gäste. Dafür sollten achtzig Prozent der Zeit eingeplant sein.